Bericht von der „Ich-will-leben-Gruppe“

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Sechs wildfremde Menschen treffen sich an zehn Abenden, um über ihre vielfältigen Probleme zu sprechen. Ich bin eine davon. Das tut man nur, wenn der Schuh gewaltig drückt. So sehr, dass man ihn auszieht, was nicht gerade angenehm ist. Doch der erste Schritt ist getan, um den „Klotz am Bein“ abzustreifen. Perfektioniert habe ic

h es, mit dem „Klotz am Bein“ zu leben, obwohl er nicht zu mir gehört. Ich bin wütend, dass ich diesen „Klotz am Bein“ mit mir herum schleppe. Jetzt ist die Zeit, frei zu werden. Wir sind hier nicht in der „Ich möchte oder darf oder würde gerne leben – Gruppe“. Wir spüren eine heilige Wut in uns, der Schrei nach Leben ist lauter geworden, unausweichlich.

Sage ich mir heute noch die Lügen von damals?

Ich sitze in der Hocke, jemand aus der Gruppe drückt fest auf meine Schultern. Mit aller Kraft und einem lauten Schrei richte ich mich auf. Es funktioniert – trotz Gegendruck. Ich habe Kraft. Kraft, die ich für mich einsetze. Schon nach kurzer Zeit habe ich in einem Konfliktgespräch die Gelegenheit, mich für mich einzusetzen. Gemischte Gefühle von Zweifel und Entschlossenheit wechseln sich ab. Veränderung kostet Kraft. Doch die Kraft nimmt zu.

Einige Wochen später wieder ein Rollenspiel. Wer macht das schon gerne, lässt sich danach von Anderen beurteilen. Doch wieder erfahre ich etwas von mir, was mir nicht bewusst war. Im gespielten Gespräch verhalte ich mich sachlich, doch für das Anliegen unangemessen emotionslos. Bei meinem Gegenüber komme ich nicht an.

Wieder dauert es nicht lange bis ich mich in meinem Alltag wage, meine Meinung überzeugend und mit nachhaltigem Druck in der Stimme rüber zu bringen – und ankomme; was ich aufgrund me

iner Negativerfahrung nicht erwartet hatte.

Ich weiß es jetzt:

Warum ich mich nicht eingesetzt habe.

Warum ich mich nicht für mich eingesetzt habe.

Warum ich nicht ernst genommen wurde.

Ich weiß es jetzt:

Warum ich überfordert war.

Warum ich mich überfordert habe.

Warum ich nicht Ich-selber war.

Ich weiß es jetzt:

Warum ich nicht lieben konnte.

Warum ich mich nicht lieben lassen wollte.

Warum ich die Liebe nicht bekam, die ich brauchte.

Noch ganz andere Lebenszusammenhänge kommen in mein Bewusstsein. Ich darf sagen, dass die meisten meiner Fragen beantwortet sind. Der Weg der Umsetzung geht weiter.

Es ist schwer, einer Person etwas Persönliches mit zu teilen. Es ist viel schwerer, einer ganzen Gruppe etwas Persönliches mit zu teilen. Leiter und Teilnehmer erleben sich in der Gruppe als ganzen Menschen mit allen Stimmungen, Reaktionen, Ängsten etc. So kann Hilfe viel besser gegeben werden, als ich das im Einzelgespräch erlebt habe.

Je mehr ich von mir preisgebe, um so mehr bekomme ich zurück. Wer wagt gewinnt. Das ist die Erfahrung, die ich in der Gruppe gemacht habe.

Ich kann diese Gruppe jedem empfehlen, der es satt hat, den „Klotz am Bein“ weiter hinter sich her zu ziehen und bereit ist, sich der Herausforderung zu stellen, alte Muster und Gewohnheiten aufzugeben. Da wird Kraft frei und das Leben macht wieder Spaß!

Anke