Was mich bewegt – Hans Wiedenmann

Traurig und entsetzt

Eigentlich wollten wir zur Gebetsreise nach Israel fliegen. Doch der Krieg hat das verhindert. Dass ich nicht in Israel sein konnte, macht mich traurig. Jede Reise in das Land, in dem Jesus, der König der Juden, dem wir auch nachfolgen dürfen, geboren wurde, hat mich tief berührt und meinen Glauben weiter entwickelt.

Über das, was am 07. Oktober, dem ‚schwarzen Schabbat’ geschehen ist, bin ich immer noch entsetzt. Die Menschheit scheint nicht gewillt zu sein, aus der Geschichte zu lernen. Wie oft wurde, zumindest anlässlich des Holocaust-Gedenktages (27. Januar), das ‚nie-wieder‘ betont. Doch die Gräueltaten der Hamas übersteigen das mörderische Verhalten der deutschen Nationalsozialisten deutlich. Aber auf deutschen Straßen wird das menschenverachtende Verhalten der Terroristen bei Kundgebungen als Befreiungskampf gefeiert.

Verantwortung

Wir haben Verantwortung dafür, wie wir mit dem, was in Nazi-Deutschland geschehen ist, heute umgehen. Und wir sind mitverantwortlich an dem Geschehen vom 07. Oktober, weil wir nicht wahr haben wollten, dass große Teile der mit unseren Steuergeldern finanzierten Unterstützung für Gaza von der Hamas, die sich die Vernichtung von Israel zum erklärten Ziel gesetzt hat und ihre eigenen Leute als menschliche Schutzschilde missbraucht, für ihre Terroraktivitäten abgezweigt wurden. Verantwortung übernehmen wir, wenn wir alles dafür tun, dass Menschen keinen Hass auf andere entwickeln. Die 10 Regeln, die Gott gegeben hat, helfen dabei.

Auschwitz

Weil wir nicht nach Israel konnten, sind wir ins Gebetshaus ‚Living Stones’ nach Auschwitz gereist. Der Ort, an dem einst das Tor zur Hölle war, passte zu dem Geschehen in Israel, wo an einem Tag 1.400 Zivilisten ermordet wurden.

Das Gebetshaus direkt vor dem Eingangstor des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau ist ein Ort der Gegenwart und Herrlichkeit Gottes. Die Leiter, Mark und Cathy Warwick, glauben, dass eine Berufung auf Deutschland und Polen liegt, gemeinsam hinter Israel zu stehen, und dass Gott Versöhnung und Heilung zwischen diesen Nationen bewirken will.

Neues wächst auf

Während unserer Lobpreiszeiten hatten wir den Eindruck, dass Gott, der ein verzehrendes Feuer ist, das Lager vollständig reinigt. Und er weist uns darauf hin, dass er Neues schafft, das schon aufwächst und fragt, ob wir es erkennen. In der Wüste wird es Wege geben und in der Einöde Wasser fließen. (Jes 43,19)

Im Gebetshaus hängt ein Bild von Deborah, einer niederländische Frau, das sie nach ihrem Besuch des Lagers Birkenau gemalt hat. Juden gehen entlang des Bahngleises aus dem Lager heraus. Kurz vor dem Tor treten sie in einen Lichtstrahl, in die Gegenwart Gottes. In diesem Licht stehen die hebräischen Worte ‚Ani-Ma’amin‘. Ein Lied, das viele jüdische Menschen auf dem Weg in die Gaskammern gesungen haben: ‚Ich glaube ganz fest an das Kommen des Messias.‘ Nachdem die Menschen das Tor durchschritten haben, sind sie in Jerusalem. Aus der Asche von Birkenau wurde Israel geboren. Da erkennen wir das Neue, das Gott tut.

Bei uns in Maranata erleben wir, dass Gott Veränderung bewirkt. Unser Beraterteam ist durch Conny Schmellenkamp erweitert, die ganz zu Beginn der Arbeit schon mal als Beraterin mit dabei war. David Senz, der für Gebet und Lobpreis verantwortlich ist, zieht mit seiner Familie ins Nebenhaus. Zusammen mit seiner Frau hat er das Anliegen, Gemeinschaft zu leben. Auf seinem Herzen liegt auch der Wunsch, dass der ‚eine neue Mensch‘ (Eph 2,14+15) hier zum Vorschein kommt. Doch wie das Neue, von dem wir spüren, dass es schon aufwächst, genau aussieht, erkennen wir noch nicht.

Fountain of Tears

Direkt gegenüber vom Gebetshaus befindet sich das Haus des kanadisch-israelischen Künstlers Rick Wienecke, in dem sein Kunstwerk ‚Fountain of Tears‘ steht. Es stellt einen Dialog zwischen dem gekreuzigten jüdischen Messias und einem Überlebenden des Vernichtungslagers Auschwitz dar. In jeder der 7 Szenen geht es um ein Wort, das Jesus am Kreuz gesprochen hat. Zwischen den Szenen stehen Säulen aus Mauersteinen, an denen Wasser, die Tränen, herunter tropft.

Foto ‚Fountain of Tears‘

Worte des Lebens

Bei unserem Besuch dort habe ich die letzten Worte von Jesus vor seinem Tod ganz neu gehört. Es sind Worte, die zum Leben führen.

Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun. (Lk 23,34)

In der Vergebung sage ich die Wahrheit und gebe Rache und Vergeltung an Gott ab. Zwischen mir und dem Menschen, der mir etwas angetan hat, entsteht ein Raum für Gott. So kann in meinem Herzen an Stelle von Hass und Bitterkeit die Liebe und Güte Gottes wirken und ich komme in den Frieden. Vergebung ist ein innerpsychischer Reifungsprozess ebenso ein geistlicher Willensakt im Hinblick darauf, wie ich mit der Schuld des Anderen umgehe. Verbitterung vergiftet das Leben, ist eine Art der Selbstzerstörung. In der Vergebung wirkt Gnade und befreit mich von dem, der mich verletzt hat, so dass ich eigenständig leben und die Liebe Gottes genießen kann.

Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein. (Lk 23,43)

Das ist die Antwort von Jesus auf die Bitte des Verbrechers, der neben ihm gekreuzigt wurde: Jesus, gedenke meiner, wenn du in dein Reich kommst.

Egal, wie mein Leben aussieht, ich habe immer die Entscheidung, mich an Jesus zu wenden, der von sich sagt: Ich bin das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben. (Joh 11,25) Wenn Jesus vom Leben spricht, gehört dazu immer das ewige Leben.

Siehe, das ist dein Sohn. Siehe, das ist deine Mutter. (Joh 19,26+27)

Jesus regelt Familienbeziehungen, weil er weiß, dass Eltern Kinder und Kinder Eltern brauchen, damit Leben gelingt. Wenn Eltern ihre Kinder nicht zum Zorn reizen (Eph 6,4) und die Kinder die Eltern ehren (2Mo 20,12), haben wir die Zusage für ein langes Leben. Und Gott tut seinen Teil dazu: Er wird die Herzen der Eltern den Kindern und die Herzen der Kinder den Eltern zuwenden (Mal 3,24).

Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? (Markus 15,34 + Ps 22,2)

Verlassen werden ist mit Schmerz verbunden und kann in die Isolation führen. Dabei hat Gott von Anfang an gesagt: Es ist nicht gut, dass der Mensch alleine ist. Doch Jesus erlebt sich in seiner tiefen Not, seinem Schmerz und Ausgeliefertsein von Gott alleine gelassen. Er klagt ihm seine ganze Not und klagt ihn dafür an. Gerade in der Klage und Anklage gibt er Gott nicht auf. Mit der letzten Kraft will er den, von dem das Leben ausgeht, festhalten und mit ihm Gemeinschaft haben. An der Geschichte von Jesus können wir sehen, dass diese Gemeinschaft möglich ist.

Mich dürstet. (Joh 19,28)

Dieser Schrei von Jesus ist seine menschlichste Reaktion vor seinem Tod. Hier ist der tiefste Punkt erreicht, denn Jesus weiß nicht wie lange die Qualen noch andauern werden. Und trotzdem gilt die Zusage von Jesus: Wer von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten, sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm eine Quelle des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt. (Joh 4,14) Mit meinem Durst darf ich zu Jesus kommen und bekomme das lebendige Wasser umsonst (Off 21,6). Wasser ermöglicht Leben.

Es ist vollbracht. (Joh 19,30)

Jesus schreit da nicht, dass sein Leben zu Ende ist. Vielmehr verkündet er der sichtbaren und unsichtbaren Welt, dass er über Sünde und Tod gesiegt hat. Und jetzt ist für alle, die ihm vertrauen, Leben in einer ganz anderen Qualität möglich. Paulus sagt es so: Die, die durch Jesus Christus die Fülle der Gnade und die Gabe der Gerechtigkeit empfangen haben, werden herrschen im Leben (Rö 5,17).

Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände. (Lk 23,46)

Weil Jesus Gott auch im Schmerz des Verlassenseins nicht losgelassen hat, kann er zum Schluss wieder ‚Vater‘ zu ihm sagen und ihn bitten, dass er seinen Geist aufnimmt. Die ehrliche Auseinandersetzung ermöglicht neues Vertrauen zu Gott, der auch eine Zumutung für uns Menschen sein kann. Dieses Vertrauen bringt tiefen Frieden in unser Leben.

Das Neue sehen

Das neue Leben kommt aus dem Tod. Die Konkretion sieht in jedem Leben anders aus. Wenn wir uns von Gott fragen lassen, ob wir das sehen, was er neu schafft und schon aufwächst, lassen wir uns vom ihm für sein Tun sensibilisieren. Das stärkt unseren Glauben mitten in all den Schwierigkeiten dieser Zeit und bringt uns in die Ruhe. Gott lädt uns ein, das tiefe Verlangen zu bekommen, mit den Augen des Herzens zu sehen. Wir dürfen das Gebet Elisas, das er für seinen Diener betete, auch sprechen: ‚Herr, öffne ihm die Augen, dass er sehe.‘ (2Kön 6,17) und erwarten, dass wir sehen, was im Unsichtbaren geschieht und welche Hilfe wir haben. Ich glaube, dass das zu dem Neuen gehört , das Gott schafft.

Gruß und Segen

Unterschrift

Hans Wiedenmann